Einleitung
Wir berichten über einen 69-jährigen Patienten, der initial aufgrund neurologischer Auffälligkeiten in unserer Notfallaufnahme vorgestellt wurde. Im Verlauf zeigten sich in der Bildgebung dynamisch veränderliche embolische Infarkte sowie ausgeprägte, unspezifische, beidseitige Veränderungen des Marklagers und gyrale Kontrastmittelanreicherungen. Nachdem bildgebend und laborchemisch keine klare Diagnosestellung möglich war, wurde eine Hirnbiopsie durchgeführt, die die Diagnose eines intravaskulären B-Zell-Lymphoms ergab.
Anamnese und Befund
Ein 69-jähriger Patient wurde in unserer Notfallaufnahme mit akut einsetzender Dysarthrie und brachiofazial betonter, rechtsseitiger Hemisymptomatik vorstellig. Laut Anamnese wies der Patient bereits seit einiger Zeit schleichende neurologische Symptome auf. In der initial durchgeführten nativ-CT des Schädels konnte lediglich eine im Vergleich zu einer zwei Wochen zuvor durchgeführten CT-Voruntersuchung neu aufgetretene Hypodensität im Marklager links parietookzipital festgestellt werden (Abb. 1).
Am Folgetag wurde eine MRT-Untersuchung des Gehirns durchgeführt, die unterschiedlich alte, embolisch verteilte Infarkte in beiden Mediastromgebieten sowie diskrete Marklagerödemkomponenten zeigte (Abb. 2).
Ein Monat später wurde der Patient aufgrund zunehmender Dysphagie und Anarthrie erneut vorgestellt. Die CCT und cMRT zeigten nun ausgeprägte Marklagerödeme unter Aussparung des Cortex (Abb. 3a) sowie gyrale KM-Anreicherungen (Abb. 4b) im mittleren Mediastromgebiet beidseits unter Einbezug der subkortikalen U-Fasern. Zusätzlich kamen vorwiegend kortikal lokalisierte Mikrohämorrhagien zur Darstellung (Abb. 4c). Es bestanden keine Stenosen in der MR-Angiografie und keine relevante KM-Anreicherung der Gefäßwände.
Der Liquor fand sich eine deutliche Albuminerhöhung, die Zytologie zeigte wenige, atypiefreie reife Lymphozyten und Makrophagen. Das Vaskulitis-Labor ergab einen positiven ANA-Titer.
Eine CT von Thorax und Abdomen zeigte keine Malignität. Da keine eindeutige Diagnose gestellt werden konnte, wurde eine Hirnbiopsie durchgeführt, die keine Hinweise auf Malignität, Vaskulitis, cerebrale Amyloidangiopathie oder PML ergab. Aufgrund vermuteter autoimmuner Vaskulitis wurde eine hochdosierte Kortisontherapie eingeleitet, die zu einer deutlichen klinischen Besserung führte.
Drei Monate später stellte sich der Patient aufgrund von Verwirrtheit erneut vor. Eine erneute cCT und MRT zeigten eine Rückbildung der Marklagerödeme im Mediastromgebiet (Abb. 5a), jedoch neu aufgetretene embolische Infarkte in den posterioren Stromgebieten (Abb. 5b).
Im Befund der Referenzpathologie konnte dann die Diagnose eines intravaskulären großzelligen B-Zell-Lymphoms gestellt werden.
Nach Therapie mit einem Zyklus R-CHOP bestanden abgesehen von einer leichten motorischen Aphasie nahezu keine Einschränkungen im Alltag.
Diskussion
Das intravaskuläre Lymphom ist eine seltene Form des extranodalen diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms, das kleine und mittelgroße Blutgefäße befällt und sich vor allem im Zentralnervensystem und in der Haut manifestiert (1). Die jährliche Inzidenz beträgt weniger als 0,5 Fälle pro 1.000.000 (1). Das intravaskuläre Lymphom spricht gut auf systemische Chemotherapie an (2). Radiologisch zeigt sich die Erkrankung mit dynamisch veränderten, unspezifischen Marklagerläsionen sowie embolischen Infarkten. Parenchymales oder meningeales KM-Enhancement ist häufig, ebenso Mikrohämorrhagien (3). Aufgrund der unspezifischen radiologischen Veränderungen ist eine bildgebende Diagnose schwierig.
Quellen
1. Cureus. 2021 Jul 18;13(7):e16459.
2. Blood. 2018 Oct 11;132(15):1561-1567.
3. Am J Neuroradiol. 2012 Feb;33(2):292-296.